Eiszeit

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Eiszeit: Ein Findling erzählt

"Zur Eiszeit war´s, als ich auf des Gletschers Rücken
bis hierher glitt und voller Entzücken
an dieser Stelle ewigwerdende Ruhe fand
als das Eis vollkommen unter mir schwand."

Eine kleine Erdgeschichte (erzählt von einem Findling)

"Grüß Gott, ich bin ein Findling und befinde mich im Reschwassertal an der Ostgrenze des Nationalparks Bayerischer Wald. Ich liege hier seit vielen, vielen tausend Jahren, seitdem mich Gletschereis von meiner eigentlichen Heimat abgeholt und bis hier hin verfrachtet hat. Eigentlich bin ich ja schon viel älter als jene zwanzigtausend Jahre, die es her sind, als das Eis mich hier abgesetzt hat. Nein, ich habe schon einige Millionen Jährchen auf dem Buckel. Entstanden bin ich aus heißen Magma des Erdinneren, aber das ist eine andere Geschichte. Ich will ja erzählen wie es damals war mit der Eiszeit. Nun, vor mehr als zwei Millionen Jahren, eine Zeitspanne, die man sich ja kaum vorstellen kann, wurde es innerhalb von nur wenigen hundert Jahren merklich kälter. Zuvor,Geologen nennen dieses Erdzeitalter das "Tertiär", hatten wir hier ein tropisch-heisses Klima, aber dann war es vorbei mit der schönen Wärme. Selbst im Sommer stieg das Thermometer nicht mehr über 10 Grad. Und es schneite und schneite. Die Schneemassen türmten sich auf den Bergen, und die Schneeflocken, die ganz unten lagen, stöhnten regelrecht unter dem Gewicht, das sie zu tragen hatten. Die Luft darin verflüchtigte sich bereits, weil ihr das Gewicht zu viel wurde. Allmählich verwandelte sich der Schnee in Eis. Der Druck des immer noch wachsenden Schneeberges war so groß, dass das Eis am Boden ganz langsam abzufliessen begann. Und so schob sich der Gletscher ins Tal hinab. Allerdings allzu weit kam er dann doch nicht: Nur für etwa drei bis vier Kilometer Wegstrecke reichte es ehe der Gletscher zum Stillstand kam. Nun ja eigentlich steht ein Gletscher ja gar nicht still, sondern das ständig nachfliessende Eis taut an der Gletscherstirn langsam ab, so dass sich vor dem Gletscher große Schmelzwasserströme bilden. Dabei passierte dann etwas, was die Glaziologen - das sind die Menschen die sich wissenschaftlich mit Gletschern und Eiszeit beschäftigen - was diese Glaziologen als "Förderbandeffekt" bezeichnen. Denn ähnlich wie bei einem Förderband werden Steine und Dreck, die sich auf oder im Gletscher befinden durch das permanent nachfliessenden Eis nach vorne transportiert. Wie die Steine auf den Gletscher gekommen sind? Nun, sie sind einfach von den steilen Berggipfeln auf den Gletscher gefallen und vom fliessenden Eis mitgenommen worden. So bin ich auch eines Tages auf den Gletscher gefallen. Meine Güte war das kalt auf diesem Eiskoloss. Ich weiß gar nicht wie lange ich genau auf dem Rücken des Gletschers gelegen habe. Es werden wohl einige Jahrzehnte gewesen sein. Jedenfalls bin ich eines Tages hier an dieser Stelle, wo ich mich noch heute befinde, auf den Erdboden gesunken, als das Eis rings um mich herum abgeschmolzen war. Hier liege ich nun und warte auf Gesellschaft. Vielleicht bringt ja die nächste Eiszeit eine Weggefährtin, aber das wird sicherlich noch einige Zeit dauern."

Vielleicht muss unser Freund der Findling gar nicht so lange warten bis die nächste Eiszeit kommt. Denn in der jüngsten erdgeschichtlichen Vergangenheit hat es im Bayerischen Wald bisher mindestens sechs Eiszeiten gegeben, die nur von einigen zehntausend Jahren Warmzeit unterbrochen waren. Einige Wissenschaftler glauben, dass die Jetztzeit auch nur eine kurze Warmphase sei und dass sich das Klima in Mitteleuropa irgendwann wieder abkühlen wird. In einiger Zeit könnte deshalb der Findling Gesellschaft bekommen. Doch genaueres muss erst erforscht werden.

Nachgewiesen ist jedoch, dass die vorerst letzte Vereisungsphase im Bayerischen Wald vor gut 10.000 Jahren zu Ende ging. Damals war der gesamte innere Bayerische Wald von einem dicken Eispanzer bedeckt, der eine Mächtigkeit von mindestens 100 m aufgewiesen haben muss. Nur der Gipfel des Lusen schaute im Sommer aus dieser Eiswüste heraus. Die Gletscher haben dabei die Landschaft gestaltet.

Neben den Findlingen gibt es noch weitere Zeugen der Eiszeit im Bayerischen Wald: So zum Beispiel der Große und der Kleine Arbersee oder der Rachelsee. Auch sie sind durch die Kraft des Gletschers entstanden.

Wenn Eismassen von einem steilen Berghang herabfließen und auf eine ebene Stelle treffen, entsteht ein Kar. Man kann sich diese Form wie eine Pfanne mit steilen Seitenwänden und einem flachen Boden vorstellen. Der Gletscher muss seine Fleißrichtung ändern. Dabei wird ein Loch, die sogenannte Karmulde ausgeschürft. Füllt sich diese Karmulde anschließend mit Wasser, so entsteht ein Karsee. Häufig findet sich hinter diesem See eine Karwand, die vom Gletscher glattgehobelt wurde.

Vor dem Kar wurden Moränen aufgeschüttet. So wie der Findling vor der Gletscherstirn zurückgelassen wurde, erging es auch Millionen anderer Steine und Sandkörner. Dort stapelten sich im Laufe der Jahrtausende Sand und Steinbrocken ganz unterschiedlicher Größe. Damit entstanden genau an den ehemaligen Grenzen der Gletschervorstöße, dort wo also die Kraft des Eises geendet hatte, Wälle aus Geröll, oftmals girlandenartig angeordnet.

Bei Tauwetter sammelte sich oftmals das Wasser des schmelzenden Eises hinter den Moränenwällen. Hier konnte sich im Laufe der Zeit ein See aufstauen. Dieser Seetyp wird Endmoränensee genannt.

Vereinen sich ein Karsee und ein Endmoränensee, so spricht man von einem Kar-Endmoränensee.

Der Große Arbersee und der Rachelsee sind Kar-Endmoränenseen.
Der Kleine Arbersee ist ausschließlich durch den Aufstau des Wassers vor einer Endmoräne entstanden.