Gemeindeallianz ist auf einem guten Weg
ILE Nationalpark-Gemeinden und Mikroregion Šumava ziehen positive Bilanz ihrer Partnerschaft
Christina Hackl
Bayer. Eisenstein. Fast genau ein Jahr ist es her, als im Grenzbahnhof die Partnerschaftsvereinbarung zwischen der ILE Nationalpark-Gemeinden und der Mikroregion Šumava unterzeichnet wurde. Ein starkes Bündnis im Herzen Europas wollen sie sein, die 19 Gemeinden aus dem bayerisch-böhmischen Grenzraum. Jetzt wurde eine erste Bilanz der Kooperation gezogen – und die fiel fast durchweg positiv aus.
Interkommunale Zusammenarbeit über die Landesgrenze hinweg, darum geht es bei der bayerisch-böhmischen Gemeindeallianz. Ziel ist die Schaffung einer grenzüberschreitenden Modellregion zur nachhaltigen Entwicklung ökonomischer, ökologischer, soziokultureller und politischer Strukturen im ländlichen Grenzraum.
Zur Mikroregion Šumava gehören die Gemeinden Borová Lada, Čachrov, Dlouhá Ves, Hamry, Horská Kvilda, Kašperské Hory, Kvilda, Modrava, Prášily, Rejštejn, Srní, Sušice und Železná Ruda. In der ILE (Integrierte Ländliche Entwicklung) Nationalpark-Gemeinden haben sich Bayerisch Eisenstein, Frauenau, Lindberg, Neuschönau, Spiegelau und St. Oswald-Riedlhütte zusammengetan.
Zu dem Treffen im Grenzbahnhof konnten Eisensteins Bürgermeister Charly Bauer und sein Kollege Michal Šnebergr aus Železná Ruda am vergangenen Donnerstag neben den Rathauschefs aus den bayerischen und böhmschen Gemeinden auch zahlreiche Partner begrüßen, mit denen die Allianz zusammenarbeitet, darunter beispielsweise Kaspar Sammer von der Euregio, Nationalparkleiter Dr. Franz Leibl oder Naturpark-Chef Heinrich Schmidt.
Beim Fall des Eisernen Vorhangs sei Bayern ein entwickeltes Land gewesen, während Böhmen vom Kommunismus ruinierte war, erinnerte Šnebergr. „Mittlerweile sind wir Freunde geworden, haben aber auch viele gemeinsame Probleme, die wir gemeinsam lösen sollten“, so sein Appell. Die Gemeindeallianz sei der richtige Weg in eine bessere, gemeinsame Zukunft.
Vizelandrat Willi Killinger lobte in seinem Grußwort die grenzüberschreitende Kooperation der Kommunen ausdrücklich. „Hier geht es um Zusammenarbeit auf vielen Feldern zum Wohle der Bürger“, sagte er und fügte hinzu: „Die Gemeinden in der Grenzregion sind auf der gemeinsamen Erfolgsspur“. Auch Jiří Leščinský, Direktor des Bezirksamts in Pilsen, begrüßte die Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg.
Jaroslav Tachovský, Koordinator der Mikroregion, stellte im Anschluss die Mikroregion Šumava vor, zu der sich 13 Gemeinden zusammengeschlossen haben, und erinnerte an die vor einem Jahr geschlossene Kooperation mit den sechs Gemeinden aus Bayern. Die Schaffung einer einheitlichen Tourismus-Destination nannte er ein wichtiges Ziel. „Der Bayerische Wald und der Böhmerwald sind auf diesem Markt keine Konkurrenten, sondern eine Einheit“, sagte Tachovský. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg dorthin sei das Projekt „Grenzenlos Wandern im Herzen Europas“, das mit Hilfe von EU-Geldern finanziert werden soll.
Auf dieses Projekt ging auch Neuschönaus Bürgermeister Alfons Schinabeck, Sprecher der ILE Nationalpark-Gemeinden, ein. Ziel sei die Bündelung und Aufwertung des touristischen Angebots für die Zielgruppe der Wanderer und Naturliebhaber. Dafür soll unter anderem die Qualität der Wanderwege verbessert, ein neues Internet-Informationssystem geschaffen und ein grenzüberschreitendes Wanderzentrum in Modrava gebaut werden. „Nicht nur die Urlauber werden von diesem Projekt profitieren, denn die Wanderwege werden auch wichtige Verbindungen für die Einheimischen sein“, so Schinabeck.
Der ILE-Sprecher stelle auch noch weitere Projekte vor, die im Rahmen der Kooperation mit der Mikroregion realisiert werden sollen. Er nannte zum Beispiel das bayerisch-böhmische Holzhauerfest von 19. bis 21. August in Neuschönau, das eine Hommage an den Wald und das Holz werden soll, die Lebensgrundlagen vieler Menschen im Bayer- und Böhmerwald. Geplant sei auch ein Vorkonzept für die Ausstellung „Leben am Böhmweg“ im Bauernhausmuseum Lindberg.
„Gerade in Zeiten, in denen dunkle Wolken über Europa aufziehen, sind solche Projekte, die Menschen zusammenbringen, enorm wichtig“, so Schinabeck. Sein Dank galt allen Partner, die dabei mithelfen, von der Euregio bis hin zum Amt für Ländliche Entwicklung.
Drei weitere Kooperationsprojekte stellten Antonín Schubert, Bürgermeister aus Modrava, Spielgelaus Rathauschef Karl-Heinz Roth und Bürgermeisterin Jana Hrazánková aus Borová Lada vor. In der Region Modrava und Dlouhá Ves soll an die wichtige Rolle der Holzwirtschaft erinnert werden, unter anderem mit einem neuen Infozentrum. Das literarische Erbe der Grenzregion rund um Paul Friedl, Karl Klostermann und Adalbert Stifter soll in einem neuen Museum in Srní dokumentiert werden. In Spiegelau soll der Kurpark zu einer Literatur-Oase werden. Unter dem Motto „Wilde Wälder, wildes Leben“ soll in Borová Lada ein Infozentrum über den Böhmerwald mit vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten entstehen.
Die einzige kritische Anmerkung gab es von Jaroslav Tachovský. Er ärgerte sich über die Verwaltung des Nationalparks Šumava, die, wie er sagte, leider kein so verlässlicher Partner sei wie die Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald. Tachovský forderte die Öffnung von weiteren Wanderwegen im Nationalpark Šumava und ein Ende der „grünen Grenze“.
Charly Bauer und Michal Šnebergr zogen am Ende trotzdem in positives Fazit. „Man sieht, dass wir im Rahmen der Kooperation in kurzer Zeit schon viele Projekte angestoßen haben. Wenn wir weiter so fleißig sind, können wir unsere Ziele erreichen“, sagte Bauer. Šnebergr zeigte zum Abschluss ein Foto des abgeriegelten Grenzbahnhofs während des Eisernen Vorhangs und mahnte: „So darf es nie wieder werden!“.